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Die etwas andere (und nicht bloß ernste...) Geschichte der Stadt Gera
Zur Geschichte unserer Stadt wurde schon viel geschrieben, ein nochmaliger Aufguss scheint mir überflüssig. Deshalb habe ich mich entschieden, einige Fakten zusammenzustellen, garniert mit einigen bemerkenswerten Extras und kurzen Kommentaren.
995 (31.März) In einer Schenkungsurkunde König Otto III. mit der der Kirche zu Zeitz das Land Ponzowa (heute Kreis Zeitz) mit Crossen übereignet wird, ist bei der Grenzbeschreibung des Gebietes erstmals der Name "Gera" erwähnt. 1237 (25.10.) Gera wird erstmals als Stadt bezeichnet. 1542 ein riesiger Heuschreckenschwarm richtet in den Feldern und Gärten um Gera großen Schaden an. Heute hat die Stadt deutlich weniger "Touristen". 1575 (14.10.) wusste die Stadt noch Feste würdig zu feiern. Anlässlich der Einweihung des neuerrichteten Rathauses wird der Straßenräuber Nicol Voigtsberger aus Lobenstein auf dem Marktplatz hingerichtet. 1616 Der Kaufmann Balduin Konrad errichtet die erste privilegierte Schönfärberei der Stadt. Das Schönfärben in unserer Stadt hat demnach eine lange Tradition... 1647 ist Gera noch deutlich unter der 100000-Einwohner-Grenze. In der Stadt leben genau 2372 Menschen. 1768 Gera sitzt nicht mehr im Dunkeln. Öllampen dienen zum Weihnachtsfest als erste öffentliche Beleuchtung. Auf einigen Straßen ist das Öl (Licht überhaupt) bereits ausgegangen. 1780 der große Brand. Von 897 Gebäuden in Innenstadt und Vorstädten werden 785 zerstört (nur das Schreibersche Haus auf dem Nicolaiberg bleibt innerhalb der Stadtmauern vom Feuer verschont), 10 Menschen verlieren ihr Leben. 1795 erscheint mit der "Aufrichtig-Deutschen Volks-Zeitung" die erste Zeitung der Stadt. Dieser Name sollte Programm für unsere heutigen lokalen Gazetten sein... 1802 neben vielen organisierten Berufsgruppen verdienen außerhalb der städtischen Zünfte beispielsweise 1 Notenstecher, 7 Strumpfwirker und 1 Pfeifenkopfschneider ihr täglich Brot. Das Arbeitsamt könnte hier schwer vermittelbare Gersche einer sinnvollen Tätigkeit zuführen... 1806 steht ein kleiner Mann in Gera ganz oben, Napoleon soll am 11.10. des Jahres den Galgenberg "genommen" haben, um sich einen Geländeüberblick zu verschaffen. Das dreitägige "Trainingslager" in Gera hatte gigantische Auswirkungen... am 14.10. schlagen Napoleons Truppen die Preußen bei Jena und Auerstedt. 1833 hat die Stadt die erste Dampfmaschine Thüringens (in der Kammwollspinnerei Morand & Co). Seitdem lassen viele in Gera Dampf ab, leider... 1841 gründet Moritz Jahr eine Maschinenbauanstalt (Beginn der Geraer Maschinenindustrie). 1851 Auf der 1.Weltausstellung in London werden 4 Geraer Textilhandlungen ausgezeichnet. Unternehmen mit Weltruf sind ziemlich rar geworden... 1853 wird die erste Brauerei (Häusser-Brauerei in Untermhaus) in Betrieb genommen. Der gersche Durst ließ weitere Brauereien folgen... Heute haben die Geraer nur noch Durst, gebraut wird woanders... 1859 hat das Laufen ein Ende. Die Einwohner erhalten ihre erste Bahnverbindung (Linie Weißenfels-Zeitz-Gera). 1892 verfügt Gera als zweite Stadt Deutschlands nach Halle a.d.Saale über eine elektrische Straßenbahn. Die fährt zumindest heute noch... 1893 zu Pfingsten gründen Turnvereinsvertreter aus ganz Deutschland in unserer Sporthochburg Gera in der Altenburger Straße 38 (Gaststätte "Reichskrone") den ersten deutschen Arbeiter-Turnerbund. 1895 nimmt das Städtische Arbeitsamt seine Tätigkeit auf. Schon damals gab es Probleme die Leute in die Betriebe zu schicken. Im Unterschied zu heute (welche Betriebe???) vermittelte diese Institution bei Streiks und Aussperrungen. 1904 durchschaut man unsere Stadt schon als "Hort der ewigen Einkaufslust" und Hermann Tietz eröffnet das erste Hertie-Kaufhaus Deutschlands. 1905 hat der motorisierte Stadtverkehr schon stark zugenommen. Man zählt 19 Automobile und 24 Motorräder. 1906 findet eine gewaltige Massendemo statt. Und die 1500 Demonstranten haben allen Grund dazu, die Bierpreise wurden um 2 Pfennig auf 52 Pfennig pro Liter erhöht. 1908 schlägt der Gemeinderat ein gewaltiges Loch in den Stadthaushalt, eine zweite Schreibmaschine für 630 Mark wird angeschafft. 1917 "Großeinkauf" wegen Hungersnot. 92 Lebensmittelgeschäfte der Stadt werden zumeist von Frauen geplündert, die Männer sterben ja gerade an der Front. 1919 nach Bieblach (1905) und Debschwitz (1912) werden die Orte Untermhaus, Milbitz, Thieschitz, Rubitz, Tinz, Lusan, Pforten, Leumnitz, Zwötzen, Oberröppisch nach Gera eingemeindet. Diese auch heute noch beliebte Vorgehensweise sichert ein großes Territorium, und momentan noch die "über 100000 Einwohner-Stadt" ab. Im Norden ist dem Expansionsdrang durch die Landesgrenze zu Sachsen-Anhalt bereits seit 1994 Einhalt geboten. 1931 im Januar sind von 83195 Einwohnern 10250 arbeitslos, leider keine ewige Rekordmarke... 1937 der Anschluss Gera der Reichsautobahn wird eröffnet. Diese Autobahnanbindung erinnert Vorbeifahrende auf der A4 an unseren Standort. 1938 die gebürtige Geraer Ärztin Dr. Bruna Wendel-Plarre durchschwimmt als erste deutsche Frau in 15 Stunden und 25 Minuten den Ärmelkanal. 1945 (06.04.) schwerster Luftangriff auf Gera. Zerstörungen im Altstadtkern, am Hauptbahnhof und in Untermhaus. Das Schloss Osterstein ist eine Ruine. 142 Menschen sterben, 8000 werden obdachlos. 1945 (14.04.) die Stadt kapituliert und wird von der US-Armee besetzt. Nach 79 Tagen wechseln die Besatzer, die Sowjetarmee zieht am 02.07. ein. 1954 (10./11.07.) Viele Stadtbewohner nahe der Elster werden vom Hochwasser getroffen. 1955 im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes wird auf den Hofwiesen das einmal 35000 Zuschauer fassende "Stadion der Freundschaft" fertiggestellt. Ältere Geraer können sich noch erinnern, dass dort einmal gutklassiger Fußball gespielt wurde. 1959 Gera wird mit 100924 Einwohnern Großstadt. Bis heute hält dieser Zustand an. Und bis morgen...? 1963 (18.10.) eines der größten Events in der Stadtgeschichte. 70000 Menschen bejubeln den ersten Kosmonauten der Welt Juri Gagarin auf dem Platz der Thälmannpioniere (heute Biermannplatz). 1972 wird Lusan mittels Spaten "angestochen", ca. 40000 Wohnungen entstehen in den Folgejahren. 1987 feiert die Stadt 750 Jahre Gera (Stadtrecht seit 1237), acht Jahre später wird Gera schon 1000 Jahre (995 erste urkundliche Erwähnung). Dieser rapide Alterungsprozess scheint heute am hohen Durchschnittsalter der Bewohner abzulesen zu sein, hat aber mit der Abwanderung der gerschen Jugend in vor allem westliche Gefilde eine andere Ursache. 1991 anlässlich des 100.Geburtstages von Otto Dix wird dessen Geburtshaus am Mohrenplatz als Museum eröffnet. Der Name des Malers ist wohl heute eine der wenigen weltbekannten "Marken" der Stadt. 2001 testet Gera mit dem Thüringentag für die BuGa 2007 vor. Ca. 300000 Menschen geben unserer Stadt von Freitag bis Sonntag ein feierliches Flair. Gera "brummt" mal wieder für kurze Zeit mit vielfältigen Veranstaltungen. Na dann... jetzt wartet alles auf die BuGa... 2007 Gera blüht auf während des Buga-Jahres. Aller Ärger ist beim Anblick von Dahlien und Besucherströmen vergessen. Merkt euch die schöne Buga gut, denn so schnell kommt diese Zeit nicht wieder...
(Quelle: Ein Großteil der historischen Daten entstammt der vom ETRO-Verlag für Wirtschaftswerbung herausgegebenen Broschüre, Gera und Umgebung, 1997. Die Kommentare sind auf meinem Mist gewachsen...)
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